Gute Krimis

Gute Krimis sind gar nicht so leicht zu finden.
Diese hier sind das Ergebnis mehrerer Jahre Lesens.
Alle haben etwas Besonderes und
sind nicht von depressiven PolizistInnen geprägt.
Auch zeigen uns nicht deutsche Verlagsmanager
(Jörg Bong/Bannalec) die Bretagne oder reiche
englische Schriftsteller (Walker) wie das Perigord ganz bestimmt wirklich ist…

Die Hauptfigur in Cayres Krimi heißt Madame Portefeuille, Frau Brieftasche.
Die ist immer leer. Das Buch beginnt mit einer wahren Schimpfkanonade wütenden Protestes über das bescheidene Leben, das sie als freiberufliche Übersetzerin am Pariser Gericht führen muss. Das macht Spaß.
Irgendwann fragt man sich, wo eigentlich der Krimi ist. Und schon geht er los: Sie bekommt die Gelegenheit, durch ein abgehörtes Dealer – Telefonat, unendlich reich zu werden. Mit Chuzpe, Witz und Coolness – gelingt es ihr?

Colin Niel erzählt von Einsamkeit im Massive Central: Eine Frau ist verschwunden; aus verschiedenen Blickwinkeln wird die damit zusammenhängende Geschichte ziemlich gewitzt erzählt. Polizeiarbeit kommt hier nicht vor. Das Buch hat ein weitergehendes Thema: was ist mit den Menschen, die bei den Tieren zurückbleiben, in Dörfern alleine leben? Das wird auf eine so verrückte Weise beantwortet, dass es mich immer noch gruselt. Großartig!

 

Fabio Stassi hat eine Figur entworfen, die es noch nicht gab: Ein Bibliotherapeut in Rom ist Hauptfigur dieser zwei Literaturkrimis. Ein Bibliotherapeut gibt Lebenshilfe mit Literaturempfehlungen. Da werden Morde nach literarischen Vorbildern begangen (Bd.1) und verschwundene Menschen gefunden (Bd.2). Die Literaturliste des 2. Bandes reicht, um mehrere Urlaube lesend zu verbringen. Triggerwarnung: Der erste Band beginnt mit einem echten Schocker! Toll!

Jakob Nolte, „Die Frau mit den vier Armen“: Oper, Bahnhofskneipe, Pirol, Dating-App, depressive Jungs, barmherzige Tode, Drogen, Rennauto, Songs in Dauerschleife und verrückte aber engagierte PolizistInnen. Hinweise auf Literaten (Doderer, Arno Schmidt und Gustave Flaubert habe ich erkannt): ich weiß nicht, wie ich dieses Buch beschreiben kann. Unbedingt lesen!

 

Hannelore Cayre, Die Alte, Argument, 13 €
Colin Niel, Nur die Tiere, Lenos, 16 €
Fabio Stassi, Ich töte, wen ich will!, Edition Converso, 22 €
Fabio Stassi, Die Seele aller Zufälle, Edition Converso, 24 €
Jakob Nolte, Die Frau mit den vier Armen, Suhrkamp, 20 €